Juli 2022

Schweden





"It is impossible for a man to learn what he thinks he already knows."

Epictetus



Das uns Schweden gefallen wird, war zu erwarten. Wir waren trotzdem gespannt, hatten wir doch inzwischen "neue Augen" für Land und Leute.

Die Realität hat uns nicht enttäuscht, eher im Gegenteil. Wir hatten uns speziell Sundsvall als ersten Anlaufpunkt in Schweden ausgesucht und besonders unsere Suche nach Gelassenheit, Vernunft, viel Natur und auch Rückzugsmöglichkeiten wurden erfüllt.

Ein überschaubares, schön gelegenes Städtchen. Hier beginnt Nordschweden.


Habe mal die Panorama-Funktion in Photoshop ausprobiert. Tolle Sache. Jede der sechs Rohdateien ist knappe 30 MB gross. Als Panorama wurden dann doch 2.2 GB daraus. Hier für die Seite runtergebrochen sind es in druckfähiger Auflösung noch 500 kB.

Ohne zu weit auszuholen an dieser Stelle, aber auf unserer (Ost-)Deutschlandtour zweitausendundsieben sahen wir ein "Freiheit ist für’n Arsch" an die Wand gekrakelt - was so nicht stimmt. Ich würde es mit inzwischen gewonnener Lebenserfahrung eher ergänzen zu "Freiheit ohne Verantwortung ist für’n ...". Was Schweden betrifft, würde ich so weit gehen zu sagen, dass man das Ansinnen, die Verantwortung, dem Gemeinwohl zu dienen, überall spüren kann.


Mit unserer Airbnb-Wahl in Sundsvall hatten wir Glück. Nicht nur hatten wir das obere Stockwerk mit gut ausgestatteter Küche komplett für uns, die Vermieterin war auch überaus hilfsbereit und freundlich. Hatte mir schon im voraus mehrere Büchersendungen an ihre Adresse schicken lassen, die hat sie mir sogar vor unserer Ankunft von der Post abgeholt.


Der Einfallsreichtum der Schweden ist mir schon oft während unserer früheren Schwedenzeit untergekommen. Als Beispiel, statt extra Dachrinnen, werden die Blechplatten des Dachs so geformt, dass sich bei deren Aneinanderreihung ein Wasserablauf ergibt. Ein Trichter mit den Ausmassen einer kleinen Regentonne erledigt den Rest.


Wir haben nicht super viel Spezielles unternommen. Wir waren froh, einfach dort zu sein und eine Art Alltag zu haben. Dazu waren wir natürlich alle zusammen in unseren beliebten Lebensmittelmärkten unterwegs oder auch bei MAX Burgers. (Tolle Sache, man stellt sich seinen Burger oder Wrap etc. an einem Kiosk selbst zusammen und holt ihn sich am Tresen ab, wenn er fertig ist. Und die Qualität war schon immer in Ordnung.) Und IKEA natürlich auch. Wir hatten schon vergessen, um wieviel besser gegenüber den USA oder Kanada gerade das IKEA-Restaurant ist.

Aber weil das Wetter so schön war und wir uns bei der Gelegenheit etwas in der Gegend umschauen konnten, machen wir einen Badeausflug. Klar, das Wasser war kalt, aber in guter Tradition lassen Felix und ich es uns nicht nehmen. Umso wohliger kann man sich dann windgeschützt zwischen den Steinen wieder aufwärmen.


Und beim Schlendern durch die Stadt mit einem Eis in der Hand kamen wir unweigerlich am Hotel Knauss vorbei. Vor zehn Jahren haben wir hier die Silvesternacht während unserer Rückfahrt von nördlich des Polarkreises verbracht. Wir stellen die Szene nach, wie Felix nur in die Richtung weist, in der Henry beim Jagen durch das tolle Treppenhaus verschwunden ist.


Jana und ich machen auch einen kleinen Ausflug auf den Nordberg und ins Freilichtmuseum. Das erinnert uns an Södertälje und man hat gut einen Blick auf die Stadt.



Wir hatten auch tatsächlich einen Hausbesichtigungstermin gemacht. Von unserer Zeit in Södertälje her waren mir zwar schon ein paar Eigenheiten der schwedischen Hausbauweise bekannt, aber ein zweihundert Jahre alter Hof ist dann doch etwas anderes. Man lernt einiges, wenn man die Bilder mit der Realität vergleichen kann. Löcher im Dach, Regenrinnen aus Holz, oder Fenster, bei denen man am Rahmen vorbei in die Landschaft gucken kann. Aber ein Anfang ist gemacht.



Auf dem Rückweg von unserer Runde durchs Land wollten wir vielleicht einen kleinen Wanderweg finden, um uns die Beine zu vertreten und mal zu schauen wie sich das inzwischen hier so anfühlt. Prompt sind wir bei einem Schiessstand gelandet. Ich bin froh, die zwei angetroffenen Typen interviewt zu haben, statt gleich wieder Reissaus zu nehmen. Sehr, sehr freundlich. Offen und hilfsbereit. Selbst als wir schon wieder im Auto sassen und noch mal eine Karte konsultierten, kamen sie mit neuen Ideen für unser Ansinnen. Was wir dann auch in die Tat umgesetzt haben. Natürlich alles auch nur ein Schnappschuss, aber gut zu sehen, wie sich die Leute dort "im Freien" benehmen können.



Wie es sich ergab waren unsere Vermieterin und ihre Freundin den gleichen Abend in der Stadt wie wir; Open Air Konzert mit einer finnischen Band, aber mit dem Unterschied, dass wir weniger (also gar nicht) angetüdelt zurück kamen. Es war dann zwar schon spät, aber die Einladung zum Cafe Carlson (das schwedische Gegenstück zum Irish Coffee) konnten Jana und ich nicht ausschlagen. Nicht lang, und wir sollten unsere Jungs auch holen. Felix mit seinen Schwedisch-Kenntnissen und Henry mit seiner leutseligen Art haben über jede Verständigungsschwierigkeit hinweg geholfen. Später hat sie uns noch das ganze Haus gezeigt und einen zuckersüßen Rhabarberschnaps hervorgezaubert. Gut, dass wir am nächsten Morgen nur ein paar Stunden südlich zu unserer nächsten und letzten Station wollten.


Dieser Teil des Urlaubs hat unseren Jungs zwar am wenigstens gefallen, aber wir wollten zum einen näher am Flughafen sein, um die Rücktour zu entstressen, zum anderen wollten wir emotional und physisch entspannen, in Ostseenähe. Keine Ablenkung also - ausser Wifi für die Jungs.

Dem netten Vater der Vermieterin entging leider, dass ich seine Führung über die Halbinsel zwar schätzte, mich aber das Nachmittagslicht am Wasser magisch anzog und mich ungeduldig werden liess. Kaum waren wir zurück an der Cabin, bin ich also mit der Ausrüstung wieder los.



So schade es war, dass die Jungs wenig damit anfangen wollten, die Halbinsel doch recht dicht bebaut war und die Cabin selbst gemütlicher sein hätte können, so sehr war die Landschaft mit dem lockeren Kiefernbestand und den einladenden, abgeschliffenen Felsen am Wasser mit den typischen Gräsern und Flechten genau das was noch gefehlt hat.



Wo Schatten ist, ist auch Licht und manchmal eben auch ein fantastischer Regenbogen.



Norrtälje als grösste Stadt in dieser der Ecke ist auch ein schmucker, gediegener Flecken. Der ICA Quantum setzt Maßstäbe. Nur betrüblich, dass man wieder diese muslimischen Immigranten sieht, wo der Mann im Auto sitzend seine verschleierte Frau schimpfend antreibt, die Einkäufe endlich einzuladen.

Aber wir freuen uns sehr, dass es geklappt hat, und wir Eva-Lena für gute zwei Stunden über Mittag treffen können.



Jana und ich machen noch mehrere Ausflüge zur nächstgelegenen Bucht oder zum Hafen.



Es ist doch noch zeitig im Jahr. Die Abende sind so kühl, als ob der Sommer noch in weiter Ferne läge. Dafür ist die Luft klar, der Mond detailiert, wie zum Greifen nah. Aber auf dem Weg zum Wasser finden wir tatsächlich schon ein paar reife Blaubeeren.



Unser Abflug und der Zwischenstopp in Reykjavik lagen in einer vernünftigen Zeit, wir haben keinen Stress. Zum Zwischenstopp leisten wir uns einen Snack in aller Ruhe, nicht ahnend, dass wir später wider Erwarten mit mehreren hundert anderen Reisenden nochmal durch die ganze Sicherheitskontrolle durchmüssen. Das hat sich leider gezogen und irgendwie haben wir es geschafft, die letzten zu sein, die das Flugzeug bestiegen. Das Schöne daran war, dass auf dem Weg übers Rollfeld keiner hinter uns gedrängelt hat und wir nochmal tief durchatmen und den leichten Nieselregen sogar geniessen konnten.



Zurück in Seattle war uns beim Verlassen des Flughafens nicht gleich klar, was nicht stimmt. Bis uns bewusst wurde: es war schon dunkel. Zwar war es schon nach neun am Abend, aber eben schon zappenduster. Wie schnell man sich an die herrlich langen Sommertage im Norden gewöhnen kann.




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