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Biomega Copenhagen




Was für ein Rad! Als Technikbegeisterter und Ästhet kriegt man da leuchtende Augen.


Ein altes Konzept, neu aufgelegt. Alles schon mal da gewesen: die Antriebswelle, die die leidige Kette ersetzt. Aber mit einer moderen Nabenschaltung kombiniert und alles in einen schmucken Rahmen verpasst, ist eben sehr reizvoll.
Wahrscheinlich war es eine Art Eingebung, aber als ich während der Schwedenzeit mal wieder in Richtung Fahrrädern im Internet unterwegs war, bin ich über diverse Angebote bei ebay gestossen. Es sah ganz so aus, als ob im Münchner Raum stossweise, nur minimal gebrauchte Modelle auf den Markt geworfen wurden. Ich glaube, dass tatsächlich zu dieser Zeit die Produktion eingestellt wurde und dementsprechend Vorführ- und Auslaufmodelle an den Mann gebracht wurden. Die Preise waren sehr akzeptabel und nachdem das erste Rad in der falschen Grösse nach Schweden geliefert wurde, habe ich kurzerhand ein zweites, passendes nach Deutschland bestellt, was wir dann auf dem nächsten anstehenden Besuch eingesammelt haben.

Aber haken wir gleich mal die Nachteile ab, dann wird klar, warum sich keine grossen Marktanteile gewinnen liessen und auch dieses Rad inzwischen Geschichte ist.
Kurz und knapp: schwer und (neu) vielleicht etwas zu teuer. Schwer in zweifacher Hinsicht. Das Rad wiegt also tatsächlich fast 15 kg und läuft, wenn man es nicht gerade gegen eine verrostete und entsprechend schwergängige Ketten vergleicht, auch nicht effizienter. Laut Biomega soll sich das allerdings nach einer gewissen Zeit geben und sogar ins Gegenteil umschlagen. Da bin ich zugegebenermassen noch nicht. Das sind jetzt keine Welten an Unterschieden, aber es fällt auf. Und neu hat das Rad wohl so um die 1300 Euro gekostet.

Das war übrigens mein erstes Rad mit Scheibenbremse. Einer mechanisch betätigten, was ich frei von Vorwissen und Erfahrung erst mal einer hydraulischen vorgezogen habe. Inzwischen sehe ich das anders. Auch lässt sich damit noch weniger der Originalpreis begründen. Genauso mit der am Hinterrad verbauten Rollenbremse. Die sieht ein bischen altbacken aus, funktioniert aber wenigstens nicht so schlecht.



Also, zurück zum Positiven. In weiss, so wie wir sie haben, kommt das Rad so schmuck und clean daher, das könnte glatt von Apple designed sein. Die Antriebswelle gleich als das zu verwenden, was als Kettenstrebe am konventionellen Rad bezeichnet wird, ist elegant. Ich habe andere moderne Konstruktionen gesehen, die haben beides, das stört das Bild.

Für ein Rad habe ich sogar originale Schutzbleche besorgen können, das hintere hat ja schön einen Reflektor integriert.
Auch meine erste Nabenschaltung übrigens. Bin immer noch etwas vorsichtig im Umgang. Aber Schalten im Stand und der Minimalaufwand beim Einstellen sind bemerkenswert. Und die 8 Gänge sind gut abgestimmt.

Mein Rad habe ich auf Retro getrimmt: einen ordentlichen Ledersattel und Ledergriffe sowie braun eingefärbte Reifen.
Click-Pedale werde ich mir nun nicht an das Rad machen, man will ja vielleicht doch mal nur ganz leisurely zum Briefkasten damit radeln, aber diese Pedalhaken habe ich gern an den Pedalen. Das gibt mehr Konsistenz unter dem Schuh. Allerdings habe ich feststellen müssen, dass die Dinger bei Nichtbenutzung, also wenn man das Rad zum Beispiel schiebt, am Boden schleifen können und sowieso man beim Kurvenfahren aufpassen muss, nicht mit den Pedalen aufzusetzen. Das Tretlager liegt halt relativ tief und die Kurbelarme haben zuviel Kröpfung. Aber dem kann man ja abhelfen. Neben neuen Kurbelarmen habe ich mir eine Vordergabel mit zentraler Federung besorgt. Das sollte den Vorderbau und in Folge das Tretlager etwas anheben. Ausserdem wird so die etwas gestreckte Haltung auf dem Rad entschärft. Arbeit für den Sommer 2021. (Stand Ende 2020.)

Also, nicht wie ursprünglich gedacht sind wir mit unserem neuen Zuhause (nach dem Umzug von IN nach WA) in der Nähe einer Eisdiele (Synonym für Zentrumsnähe) gelandet, das Fahrradfahren findet also eher im sportlichen statt Sonntagnachmittagsausflugs-Modus statt. Das zweite (bzw. chronologisch erste) Copenhagen habe ich also verkauft. Es als möglichen Ersatzteilspender noch zu behalten wäre nicht im Sinne des Erfinders - a) der haltbaren Kegelräder und b) eines entrümpelten Lebens.

Ich bin also mit dem Biomega noch vom Effizienz-Peak entfernt, aber ich freue mich auf die Zukunft.


~ * ~


Angekündigt hatte ich das Rad übrigens vor der Lieferung/Abholung in Deutschland als das "Rad ohne Kette". (Irgendwas muss man ja sagen, warum man nun ausgerechnet ein Rad nicht in Schweden bestellen kann.) Ich bin meiner Verwandtschaft ja sehr dankbar, dass ich neben Unmengen von Büchern und was weiss ich nicht alles eben auch das Rad zu ihnen liefern lassen konnte. Aber sowas stiftet ja ungemeine und lästige Verwirrung und Neugier bei den Leuten. Na gut, auspacken konnte ich es dann aber natürlich nicht so einfach beim Abholen. Ich meine, eine einfache Internet-Recherche fördert ja eigentlich auch viel zu Tage. Die schlussendliche Auflösung hätte der Besuch bei uns in WA bringen können, aber wer so ist wie er ist halt halt Pech und so bleibt ja immer noch diese Seite, ha.




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