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Eigentlich ist unser Deutschlandbesuch im Oktober 2007 Schuld für die Entscheidung,
womit wir einen unserer unzeitgemäßen und verbrauchten Amerikaner drei Tage vor Henry's Geburt ersetzten.
Sind wir doch noch mal in den Genuss gekommen, unseren bei unserer Ausreise nach USA zurückgelassenen
Volvo 850 T5 zu fahren,
nachdem er ohne mit der Wimper zu zucken aus einem sechsjährigen Tiefschlaf zurückgeholt und
im Anschluss an die dreiwöchige Deutschlandrundfahrt in Liebhaberhände weitergereicht wurde.
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Nun also einen Volvo in den USA. Wir probieren es mal mit einem Allradler,
die Bodenfreiheit ist willkommen und zu oft schon sind wir mit unserem heckgetriebenen Bus bei winterlichen Bedingungen in unseren
Steilstücken stecken geblieben.
Ein Volvo XC70 also.
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Wie aus dem Ei gepellt stand er zum unter halben Neupreis beim Händler.
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Mitte Februar, also mitten im besten Winterwetter,
hatten wir gute Gelegenheiten für Schneefahrten. Beim Bremsen macht AWD auch keinen Unterschied,
klar, aber unter Vortrieb macht er weitgehend was er soll. Die Bodenfreiheit von zwanzig Zentimetern macht
ihn nun nicht schneller oder sparsamer, aber unsere Strassen halten einige Überraschungen bereit und Schnee wird auch nicht immer geräumt.
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Verglichen mit unserem guten 850 T5 aus dem Jahre 1994 haben wir es mit diesem genau zehn Jahre jüngeren Modell
mit einem deutlich verfeinerten Gefährt zu tun.
Diese Soft-Turbo Version des 2,5L-Fünfzylinders mit variabler Ventilsteuerung passt gut zu unseren
hiesigen Verhältnissen: etwas weniger Leistung als unser alter T5
(208 PS statt 225), aber dafür mehr Drehmoment
(320 Nm statt 300), und das schon ab 1500 U/min (statt 2000).
Die Geartronic ist ’nice to have’, für mehr als zum gelegentlichen Motorbremsen nehme ich sie
aber nicht.
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Die Sitze sind äußerst komfortabel: Leder, Memory Function (Sitze und Seitenspiegel
stellen sich ein, wenn man mit dem richtigen Schlüssel anrückt) und beheizt sowieso.
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Überhaupt taugt mir die Innenraumgestaltung total: keine Verirrungen oder Spinnereien, gerade, entspannt, mit Geschmack und Verstand.
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Die dreigeteilte Rücksitzbank verdient unbedingt noch Erwähnung.
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Auch vom Regensensor bin ich begeistert, er funktioniert wirklich. Witzig,
wie er beim Einfahren in die Garage die Wischer abstellt.
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Vorausgesetzt, ein Anhänger hat Bremsen, darf dieser sogar 1,5 Tonnen schwer sein.
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Sehr praktisch, das Plastik drumherum, d.h. Front- und Heckschürze, aber auch um den Kühlergrill,
um Radkasten und die Türen. Auch die Außenspiegel sind nicht lackiert. Plastik bombastic.
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Beim alten 850 waren die 16er Felgen mit 205er Reifen schon fast was Besonderes. Dank beiterer Reifen
kommt aber beim XC bei gleichem Querschnitt mehr Komfort zustande.
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Was ich mir beim 850 zunächst aus Vernunftgründen verweigert habe und später aus der Notwendigkeit
heraus nicht mehr realisieren konnte, habe ich nun ziemlich ausgereizt: ein bisschen Optik.
Als erstes musste ein Dachspoiler ’dran, das gibt der ganzen Sache erstmal den Grundschliff.
Dann folgten Aluminum Side Scuff Plates, und eine Aluminiumplatte am Heck.
Scheiben getönt, hinten sowieso, aber auch alle Seiten. Mäßige Spurverbreiterung hinten.
Und ein 12 Zoll subwoofer, original Volvo, einfach angeschlossen und passgenau unter der
Kofferraumplatte versenkt. ....Nope, no Midlife Crisis.
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Der Vorteil einer geschlossenen Garage liegt in Momenten des Unbeobachtetseins.
Früher hätte ich über andere den Kopf geschüttelt, nun habe ich mich selbst an späten Abenden vor dem
Zubettgehen noch in den Ledersitz eingepasst und die Augen über die Oberflächen und Konturen schweifen lassen.
Eine der ersten längeren Fahrten ist mir immer noch gut in Erinnerung. Kalte, weiße Februarnacht, kaum
Verkehr, und Moby’s 18 im CD Player, einfach geil, kann ich nicht anders sagen.
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Einziger Minuspunkt: die Maschine ist nicht so präsent wie im 850, akustisch, aber auch optisch.
Mehr Funktion statt Form. Aber ich wird’s überleben.
Ich würde mich ja noch gern etwas mehr auslassen, jedoch nirgends fand ich bessere Artikel als in der
österreichischen Autorevue. Die Schreibweise ist unerreicht locker und treffgenau und spricht mir ganz
aus dem Herzen.
Zuvor aber noch eine kleine Notiz. Auf der Suche nach mehr Info und dem Herauskramen alter Volvo-Kataloge
ist mir ein damals brandneues XC70-Werbeblatt in die Hände gefallen, dass mir ein damaliger Volvo-Truck-Mitarbeiter,
mit dem ich mich gut verstand, hat zukommen lassen mit einer Sticky-Note auf der Rückseite:
“Hello Thomas, EAT THIS…. Regards, Roger L.“
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Oder in anderen Worten: Volvo rocks.
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Also, hier ein Artikel zum XC70 aus der Autorevue 12/2000:
„Weniger das permanente Ausnutzen der Möglichkeiten, vielmehr das beruhigende Gefühl eines doppelten,
dreifachen Sicherheitsnetzes ist es, was das Volvofahren ausmacht. Das Gefühl,
in einem Teekanne-Werbespot mitzuspielen. Die Lust am Schalterdrücken, weil die Haptik so toll ist.
Das Versinken in den Sitzen und trotzdem nicht Kreuzweh kriegen. Und langsam fahren, damit man nicht so
schnell wieder aussteigen muss.
Die Ford-Strategie zielt darauf ab, Volvo aus dem Schlachtfeld der Mercedesse, Audis und BMWs
rauszuhauen und in einer kuscheligen Nische mit gedecktem Rücken das Florett in die Hand zu drücken.
Der Cross Country ist der Erste in diesem Eck, weitere werden folgen. Der direkte Nachbar des XC ist der
Audi Allroad, mit dem Unterschied, dass der Volvo in sich ruht, während Audi noch Überzeugungsarbeit
leisten muss. Ein Volvo schreit nicht nach Waschstrasse, wenn er dreckig ist.
Der Cross Country ist auch als sauberer immer ein wenig angestaubt, das liegt an der
Kunststoff-Beplankung rund um den Unterwagen, die Protektoren eines Geländesportlers.
Aber: Will man das? Scheucht man einen XC durch Feld und Wald? Man scheucht. Zumindest spricht nichts
dagegen. Die Bodenfreiheit von zwanzig Zentimetern reicht für Karrenwege mit hohem Mittelstreifen dazwischen.
Der Allrad kommt von selber, man muss ihn nicht rufen. Wie bei allen diesen Autos sind es die Reifen, die
dem Geländefahren ein Ende setzen und zum Rückzug auf den Asphalt blasen.
Dort merkt man vom AWD wenig, der XC untersteuert mit aller Herrgottsruhe, Überraschungen kommen nicht vor.
Besonders in Spitzkehren mit nassem Belag merkt man das Gewicht, gut eindreiviertel Tonnen.
Die aber werden vom Fünfzylinder-Reihenmotor und der seidigen Fünfgang-Automatik mit manueller Schaltoption
locker geschupft, immerhin werkeln 200 PS und 285 Newtonmeter. Freilich kostet das Sprit, auf
einen einstelligen Wert sind wir eigentlich nie gekommen.
Größer als das Herz des XC ist nur der Kofferraum; bei 1641 Liter weiß man gar nicht,
was man noch mitnehmen könnte. Auch die Ladefläche ist bei umgelegten Sitzen völlig plan und das Trennnetz
stabil. Leider ist das Umlegen der 40:20:40 teilbaren Heckbank eine Prozedur, weil Sitzflächen hochgeklappt,
Kopfstützen umgelegt, Abdeckungen ausgerastet und Lehnen einzeln vorgeklappt werden müssen.
So kann es passieren, dass man wochenlang als Space Shuttle unterwegs ist, obwohl man nichts zu
transportieren hat als ein Sackerl vom Spar. Und Kleinzeugs wie dieses findet immer sein Abteil oder
Trennnetz, das ist alles wohl überlegt. Wie überhaupt viel vom Charme des Volvo davon ausgeht,
dass du nie der Erste bist, der wo hingreifen will. Das Auto war immer vor dir da:
die Tasche an der Vorderseite der Sitzfläche. Die Parkschein-Klammer in der Windschutzscheibe.
Der beleuchtete Fußraum beim Aufsperren. Das sanfte Licht der Schminkspiegel, das Beifahrerinnen
noch schöner macht. Die logische Bedienung des Radios, die smarteste, die es gibt. Die hochwertige
Anmutung des Innenraums, die es trotzdem schafft, unverwundbar aufzutreten. Dazu ein Langstrecken-Komfort,
den kein anderer Allradler so unaufgeregt bieten kann.“
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Ein Wort zu den Katalogbildern: Bis jetzt habe ich noch keinen geeigneten Hintergrund für eigene
Aufnahmen (wie beim 850) gefunden...
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